
BÜCHER, KURZ VORGESTELLT
Erschienen in: Fotogeschichte, Heft 155, 2020
- Walter Keller – Beruf: Verleger, hg. von Urs Stahel und Miriam Wiesel, mit Patrick Frey, Christian Gerig, Martin Jaeggi, Zürich: Edition Patrick Frey, 2019, 25,7 x 19,2 cm, 433 S., 600 Abb. in Farbe und S/W, kartoniert, 52 Euro.
Fotointeressierten ist der Schweizer Walter Keller (1953–2014) vor allem als Leiter des Scalo Verlags in Erinnerung, den er 1991 – mit finanzieller Beteiligung von George Reinhart – gegründet hatte und der bald zu einer international bekannten Plattform für die zeitgenössische Fotografie wurde – mit Büros in Berlin und New York. Vielleicht auch noch als Mitbegründer des Fotomuseums in Winterthur, das 1993 eröffnete. Wer war dieser Walter Keller, der offenbar keine Scheu vor großen, international gedachten Projekten hatte, und der 2006 mit seinem Verlag rasant abstürzte? Urs Stahel, der erste Direktor des Fotomuseums Winterthur, und Miriam Wiesel, die viele Jahre lang als Lektorin für Scalo tätig war, lassen fünf Jahre nach dem frühen Tod ihres Freundes und beruflichen Weggefährten das schillernde Leben und die Karriere Kellers Revue passieren, von der Gründung der Zeitschrift Der Alltag im Jahr 1978, über die verlegerische Expansionen in Kunst und Fotografie (Zeitschrift Parkett, 1984 gegründet, und Scalo Verlag 1991 gegründet) bis hin zu späten Ausstellungsprojekten in der Schweiz. In einer Reihe sich immer wieder überlappender (und sich leider auch wiederholender) Nahaufnahmen wird das rasante und über viele Strecken manische Leben des Verlegers anschaulich. Keller war ein Vorantreibender, aber auch ein Getriebener. Erstaunlich viel Platz wird den privaten Seiten Kellers eingeräumt, v.a. seinem Liebesleben. Während die meisten Beiträge nahe am bewunderten Meister bleiben, wird (bis auf den sehr interessanten Beitrag von Martin Jaeggi) der breite kulturpolitische Horizont, vor dem Kellers Schaffen stattfand, nur minimal ausgeleuchtet. Dennoch: Der – ausgezeichnet gestaltete – Band bietet entlang einer biografischen Recherche einen guten Einblick in die tiefgreifenden Veränderungen der Foto- und Verlagsszene zwischen den 1980er und den 2000er Jahren.
- Hans Saebens: Bilder für Bremen 1930–1969, hg. von Frauke von der Haar, Bremen: Focke Museum. Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 2019, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 7. November 2019 bis 9. Februar 2020, gebunden, 20,80 Euro.
Hans Saebens (1895–1969) war, in heutiger Diktion, ein begabter Marketing-Spezialist. Jahrelang hat der ausgebildete Grafiker das Stadtbild Bremens geprägt, seit 1930 vor allem mit der Kamera: in wirtschaftsnahen und touristisch verwertbaren Inszenierungen. Seine frühen Broschüren und Bildbände mit beredten Titeln wie das „schöne“ Bremen und das „schaffende“ Bremen haben die Bilder der Stadt über viele Jahre hinweg entscheidend geprägt. Saebens fotografisches Œuvre steht in engem Zusammenhang mit Paul Wolffs Leica-Fotografie. Die beiden waren schon früh miteinander in Kontakt gekommen und Saebens lieferte ab 1934 Bilder für die Zeitschrift Leica-Fotografie, später auch Texte. Der rund 20.000 Negative und 5.000 Abzüge umfassende fotografische Nachlass Saebens‘ wird heute im Bremer Landesmuseum aufbewahrt. Karin Walter, die Kuratorin der Schau und Autorin des Katalogs, hat aus diesem großen Fundus eine Bildauswahl getroffen, die die Stadt und ihre Umgestaltung von den frühen 1930er bis in die 1960er Jahre zeigt. Besondere Aufmerksamkeit schenkt sie den Bildern der Hafengegend, die lange Zeit ein wirtschaftliches Rückgrat der Stadt bildete. Die Autorin zeichnet in ihrem Beitrag nach, wie sich Saebens‘ Blick auf die Stadt veränderte, aber auch, wie dieser in gemäßigt moderner Handschrift das Image der Stadt formte. Sie geht aber auch auf die zeitgeschichtlichen Brüche (NS-Zeit, Krieg) ein, die die Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert prägten. Fast nahtlos gelang es Saebens nach 1945 an seine Vorkriegskarriere anzuknüpfen. Unter Ausblendung der NS-Geschichte (und seiner eigenen Anpassung an das Regime) schrieb er nach 1945 seine Erzählung vom „schönen Bremen“ fort und verband sie ab den 1950er Jahren mit fortschrittsoptimistischen Bilder des Wirtschaftswunders, des Baubooms und der Nachkriegsmoderne. Seit den frühen 1950er Jahren fotografierte er zunehmend in Farbe. Schade, dass sein Farbwerk im Katalog nur in kleinen Ausschnitten vorgestellt wird.
- Hamburg in frühen Fotografien, hg. von Jan Zimmermann, Hamburg: Junius Verlag, 2019, 240 S., 28 x 26 cm, zahlreiche Abb. in Duoton, gebunden, 49,90 Euro.
Die Stadtfotografie des 19. Jahrhunderts erfreut sich derzeit großer Beliebtheit. In den letzten Jahren erschien eine Reihe von großformatigen Bänden, etwa über München, Berlin und Köln. Im beginnenden 21. Jahrhunderts ist die städtische Entwicklung großer Städte längst globalen und internationalen Trends unterworfen – denken wir nur an die Einkaufsstraßen, die kaum Unterschiede aufweisen. In dieser Phase der verstärkten Entindividualisierung des urbanen Lebens steigt offenbar die Nachfrage nach Stadtbildern, die aus der Frühzeit der analogen Ära stammen. Ein opulenter Bildband, herausgegeben von Jan Zimmermann, Fotohistoriker und Betreiber der Online-Bildagentur „Vintage Germany“, stellt nun „Hamburg in frühen Fotografien“ vor. Das Publikum, das gern in alten Stadtbildern blättert, wird zufrieden sein, Foto- und Stadthistoriker lässt der Band etwas ratlos zurück. Warum? Der grafisch sorgsam aufgemachte Band präsentiert das „alte Hamburg“ in nostalgisch anmutenden Bildern, der bräunliche Grundton des Duotone-Drucks verstärkt diese Anmutung noch. Inhaltlich aber ist der Anspruch der Publikation überaus bescheiden: Denn die einleitenden Ausführungen beschränken sich auf lediglich vier (!) Druckseiten und kommen über Altbekanntes nicht hinaus. Die Querverbindungen zwischen Stadtentwicklung und Fotografie werden nicht einmal angerissen, Hintergründe über fotografische Aufträge und historische Einsätze der publizierten Fotos erfahren wir keine. Was bleibt sind die schönen Bilder, die in Summe das alte Hamburg in nostalgsachen Ansichten und kurzen beschreibenden Einordnungen hochleben lassen. Nicht Fragen aus der Gegenwart leiten den Herausgeber, sondern die Beschwörung des Vergangenen. Rückwärtsgewandt könnte man das Projekt auch nennen, im besten Sinne des Wortes.
- Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram, hg. von Esther Ruelfs und Tulga Beyerle, Heidelberg, Berlin: Kehrer Verlag, 2019, dt./engl., mit Beiträgen von Ulrike Bergermann, Susanne Holschbach, Florentine Muhry, Susanne Regener, Esther Ruelfs, Sven Schumacher und Bernd Stiegler, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, 208 S., 24 x 16,5 cm, 192 Abb. in Farbe und S/W, kartoniert, 29,90 Euro.
Wenn Kunstmuseen sich der Amateur- und Knipserfotografie zuwenden, haben sie ein Problem. Woher sollen sie die Bilder nehmen, denn die allermeisten (deutschen) Kunstmuseen haben diese Art der Fotografie im Laufe ihrer Sammeltätigkeit mit gerümpfter Nase links liegengelassen. Vor diesem Problem stand auch Esther Ruelfs, die Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, als sie sich für ihr Ausstellungsprojekt „Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram“ ebendort auf die Suche nach anonymen Knipser- und Amateurfotografien machte. Sie wurde enttäuscht und musste ihre Recherche auf andere kunstferne Fotosammlungen ausdehnen. Im Katalogbuch Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram werden die Ergebnisse ihrer Recherchen in einen breiten Kontext gestellt. Ausstellung und Katalog spannen einen weiten – fast allzu weiten – Bogen: von der Bauhausfotografie über die Amateurfotografie der künstlerischen Avantgarde, die Arbeiterfotografie und ausgewählte Amateursammlungen der Nachkriegszeit bis hin zu Instagram. Diese breite thematische Streuung bringt es mit sich, dass die einzelnen Text- und Bildbeiträge des Katalogs gelegentlich etwas unvermittelt nebeneinanderstehen. Und dennoch: der Katalog ist überaus lesenswert, u.a. der Beitrag von Susanne Regener, die die Inszenierung des Körpers in der Amateurfotografie beleuchtet, oder jener von Susanne Holschbach, die die politischen Aspekte der privaten Bildproduktion im Zeitalter der Social Media untersucht. Auch grafisch ist die Publikation auf der Höhe der Zeit: bewusst wird auf die edle Aufmachung eines Kunstbandes verzichtet. Am Cover findet sich ein – von Eckhard Schaar in den 1980er Jahren fotografiertes – männliches Muskelpaket im Ausschnitt.
- Werner Kohlert, Friedrich Pfäfflin: Das Werk der Photographin Charlotte Joël. Porträts von Walter Benjamin bis Karl Kraus, von Martin Buber bis Marlene Dietrich, Göttingen: Wallstein Verlag, 2019 (Bibliothek Janowitz, hg. von Friedrich Pfäfflin), 330 S., 22 x 13,6 cm, zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, gebunden mit Schutzumschlag, 24,90 Euro.
Wer sich mit Karl Kraus beschäftigt, stößt immer wieder auf die legendäre Berliner Fotografin Charlotte Joël (1887–1943), die in Charlottenburg, nahe am Bahnhof Zoo, zusammen mit Marie Heinzelmann ein Atelier betrieb. Während ihre Geschäftspartnerin die Verwaltung innehatte, fotografierte sie. Kein Fotograf, keine Fotografin hat den Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift Die Fackel öfter abgelichtet als sie. Insgesamt neun Mal hatte er sich zwischen 1921 und 1930 mit ihr verabredet. In ihren frühen Aufnahmen hält die Fotografin noch Abstand zu Kraus, mehrmals lichtete sie ihn mit Buch am Schreibtisch ab. Nach und nach aber verschwanden diese Attribute des Schreibens und sein Gesicht, oft aus nächster Nähe gesehen, rückte ins Zentrum. Neben Kraus hat Charlotte Joël auch zahlreiche Größen des deutschen Geisteslebens abgelichtet, aber auch unbekannte Menschen, die ein Porträt brauchten. In den 1930er Jahren fertigte sie auch zahlreiche Kinderporträts an und lieferte ihre Bilder an Postkartenverlage und die Presse. Bis vor kurzem war kaum etwas über sie bekannt. Werner Kohlert, der den einleitenden biografischen Beitrag zum vorliegenden Band verfasst hat, hat in jahrelanger mühevoller Recherchearbeit alles zusammengetragen, was sich über die Charlotte Joël finden ließ. „Das Leben dieser Frau aus Fundstücken fügen“, mit diesem Satz beginnt seine Recherche und endet, schon 20 Seiten weiter, mit dem Hinweis, dass sich ihre letzten Spuren in Auschwitz verlieren, im Jahr 1943. Der Bildteil führt eine Auswahl von Porträts an, die Friedrich Pfäfflin ebenfalls in jahrelanger Arbeit in privaten und öffentlichen Fotosammlungen zusammengetragen und in einem sorgfältig gestalteten Werkkatalog mit zusätzlichen Informationen versehen hat. Besonderes Augenmerk wendet er den Porträts von Karl Kraus und Walter Benjamin zu.
- Raoul Hausmann: Ibiza – Eine vergessene Insel, hg. von Bernd Stiegler in Zusammenarbeit mit dem Musèe d’art contemporain de la Haute-Vienne in Rochechouart, Göttingen: Konstanz University Press, 2019, 213 S., 23 x 15,3 cm, zahlreiche Abb. in S/W, gebunden mit Schutzumschlag, 29,90 Euro.
Ein ländliches Leben „fernab der Zivilisation“ suchte Raoul Hausmann, als er 1937 nach Ibiza emigrierte. Knapp 30.000 Einwohner lebten damals auf der entlegenen und touristisch noch kaum erschlossenen Mittelmeerinsel, auf der Anfang der 1930er Jahre auch Walter Benjamin einige Monate zu Gast war. Hausmann wollte sich nicht als Tourist auf der Insel aufhalten, sondern begann sich sehr intensiv mit den Menschen und ihrer Kultur, mit Geschichte und Archäologie der Insel, aber auch mit den lokalen Traditionen und der anonymen Architektur zu beschäftigen – drei Jahre lang, bis 1937, als er Ibiza wieder verließ. Ein geplantes Buchprojekt über die Insel kam in der Zwischenkriegszeit nicht zustande, und auch Hausmanns Pläne, den Band in den 1950er Jahren beim deutschen Claassen Verlag zu realisieren, scheiterten. Die Absage des Verlegers im Jahr 1953 war eindeutig: „Als Publikation erscheint mir die Darstellung ungewöhnlich trocken.“ Nun, über sechs Jahrzehnte später, erscheint das Ibiza-Buch doch, nicht als suggestiver Bildband, sondern als (unfertige, skizzenhafte) Text- und Bildsammlung aus dem Hausmann-Nachlass, der im Musèe d’art contemporain de la Haute-Vienne in Rochechouart aufbewahrt wird. Die Studie zeigt, wie sehr der Selfmade-Ethnologe mit der Kamera das ländliche Leben der Insel aufsaugte, auch, aber nicht nur, als archaische Kontrastfolie für seinen Blick der Avantgarde. In gewisser Weise ist der Band die Fortsetzung der Publikation Raoul Hausmann: Photographs 1927–1936, hg. von Cécile Bargues, in Zusammenarbeit mit David Barriet, David Benassayag und Béatrice Didier, die 2018 bei Koenig Books in Köln erschien. Bernd Stiegler, der den vorliegenden Band herausgibt, ist mit Hausmann und seiner Fotosammlung seit Jahren bestens vertraut: 2016 hatte er in der Publikation Raoul Hausmann:Photographisches Sehen (Paderborn 2016) dessen fototheoretisches Werk mustergültig ediert.
- Gisela Parak (Hg.): Der Freiberger Bergbau um 1900. Arbeit, Alltag und Technik im Spiegel der Fotografie, hg. von der TU Bergakademie Freiberg, Münster: Aschendorff Verlag, 2019, 280 S., 32 x 23,5 cm, 375 Abb. in Duotone, gebunden mit Schutzumschlag, 29,50 Euro.
Rund 100.000 Objekte weist die Fotothek des Stadt- und Bergbaumuseums Freiberg auf, dessen Sammlungsaktivitäten auf die 1870er Jahre zurückgehen. Wie kann, wie sollte eine solche historische Fotosammlung publizistisch ans Licht geholt und exemplarisch aufgearbeitet werden? Diese Fragen stellte sich die Fotohistorikerin Gisela Parak, als sie vor etlichen Jahren begann, dieses umfangreiche fotografische Konvolut zu analysieren. In ihrem Forschungsprojekt „Bergbaukultur im Medienwandel. Fotografische Deutungen von Arbeit, Technik und Alltag im Freiberger Raum“, das in den Jahren 2016 bis 2019 von der VolkswagenStiftung gefördert wurde, untersuchte sie das Zusammenspiel von bergbaulicher Kultur, Erinnerungskultur und den vielfältigen Anwendungsweisen der Fotografie. Zum einen waren die Fallstricke einer heimatkundlichen verengten Perspektive, zum anderen ein naiver Dokumentarismus zu vermeiden. Denn der Großteil der gesammelten Bilder, insbesondere das Gros des Bildmaterials um 1900, verdankt sich bürgerlicher (Selbst-)Darstellung, aber auch der Außenrepräsentation des Bergbauunternehmens. Es war also, um die Bedeutungsschichten des Materials freilegen zu können, nötig, dieses gegen den Strich zu bürsten und zeitgenössische Gebrauchs- und Veröffentlichungskontexte ebenso einzubeziehen wie Auftraggeberschaft und Zielgruppen. Das Ergebnis ist ein ansprechender Bildband, der trotz seiner großzügigen Aufmachung erstaunlich günstig ist und der dennoch die nötige Tiefenschärfe in der Analyse nicht vermissen lässt. Die Publikation bildet den Abschluss einer Recherche, die – in Form eines Tagungsbandes – 2019 erstmals öffentlich vorgestellt wurde: Gisela Parak (Hg.): Bilder aus den Bergwerks- und Hüttenbetrieben. Auftragskontexte fotografischer Repräsentationsalben (1890–1920), Halle (Saale), Mitteldeutscher Verlag, 2019.
- Franziska Kunze: Opake Fotografien. Das Sichtbarmachen fotografischer Materialität als künstlerische Strategie, Berlin: Reimer Verlag, 2019, 280 S., 24 x 17 cm, zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, kartoniert, 49 Euro.
„Die Photographie ist das transparenteste aller künstlerischen Medien“, hatte 1946 der amerikanische Kunstkritiker Clement Greenberg behauptet. Entgegen diesem vielfach geteilten Diktum will die Autorin in ihrer Publikation zeigen, dass es einen – oft übersehenen – Strang der Fotografie gibt, der mit dieser behaupteten Transparenz bricht, indem die Materialität des Bildes willentlich oder unwillentlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Das ist bei (scheinbar) missglückten Aufnahmen, die Fehler, Spuren und Kratzer aufweisen, ebenso der Fall wie bei künstlerischen Interventionen und Strategien, die durch „Bearbeitungen“ auf die Sichtbarmachtung der Materialität des Bildes abzielen. Die Autorin untersucht in ihrem Buch, das aus ihrer an der Folkwang Universität der Künste verfassten Dissertation hervorgegangen ist, zahlreiche Beispiele aus der Fotografiegeschichte, die den transparenten Blick der Fotografie durchkreuzen. Zufall und bewusster Eingriff bilden dabei nur zwei der möglichen Endpunkte im Spektrum der Interventionen, die das Materielle des Fotografischen aufblitzen lassen. Ihre Forschungsfragen lauteten: Welche Umstände, Möglichkeiten und insbesondere Vorgehensweisen haben dazu geführt, dass sich die Sichtbarmachung fotografischer Materialien als künstlerische Strategie etablieren konnte? Nicht nur die Bilder selber rückt Kunze ins Blickfeld, sondern auch das künstlerische Umfeld, in dem die fotografischen Bilder sichtbar werden bzw. öffentlich gezeigt werden. Dieses Umfeld reicht vom Buchprojekt, über die Ausstellung bis hin zur digitalen Präsentation im Social Media-Zeitalter. Zwei künstlerische Positionen werden einer besonders aufmerksamen Analyse unterzogen, Chargesheimers „Gelatinemalereien“ und Gottfried Jägers „Fotomaterialarbeiten“. Eine fundierte Grundlagenstudie, die zum Weiterforschen anregt!
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