Anja Nadine Werner
Zwischen Selbstbefragung und Kommerzialisierung - Selbstbildnisse angewandt arbeitender Fotografen
Dissertation - Betreuer: Prof. Dr. Christian Freigang - Promotion an der Georg-August-Universität in Göttingen - Beginn: April 2005 - Abgabe: Februar 2009 - Art der Finanzierung: Privat, Kontakt: anja.n.werner(at)gmx.de
War zu Beginn des 20. Jh. die Dichotomie von kommerzieller Auftrags- und autonom-künstlerischer Arbeit noch unüberwindbar, so hat sie sich in der postmodernen Mediengesellschaft aufgelöst. So ist die Modefotografie, die als Gebrauchskunst aufgrund ihrer kommerziellen Gegebenheiten seitens der Kunstwissenschaft lange Zeit kaum Beachtung erfuhr, als eigenständige Kunstform längst anerkannt und hängt in Museen gleichberechtigt neben der "hohen" Kunst. Vor diesem Hintergrund zeigt die Dissertation, dass sich das Selbstverständnis angewandt arbeitender Fotografen sichtlich gewandelt hat. Sie analysiert Selbstdarstellungen von Modefotografen, die sich genuin im Spannungsfeld von kommerzieller Populärkultur und "hoher" Kunst und den damit verbundenen, anscheinend konträren Polen von handwerklicher Berufs- und Kunstfotografie bewegen. Unter diesem Aspekt werden Selbstinszenierungen Erwin Blumenfelds (1897-1969), Helmut Newtons (1920-2004) und Wolfgang Tillmans (*1968) untersucht, die jeweils in ihrer Generation richtungsweisend in der Entwicklung der internationalen Modefotografie waren bzw. sind, von den 30er Jahren bis zur Gegenwart.
Blumenfeld, der sich selbst als Künstler verstand, blieb zu seinen Lebzeiten die Anerkennung seitens der Kunstwelt aufgrund seines Status als angewandter Fotograf weitestgehend versagt. Für Newtons "uvre ist hingegen seit den 1980er Jahren ein Musealisierungsprozess zu beobachten, der sich bis heute fortsetzt. Die Antwort auf die Frage nach der Intention für die Selbstdarstellung ist bei ihm – im Gegensatz zu Blumenfeld – oftmals nicht nur in der selbstreflexiven Auseinandersetzung, sondern auch in einer Selbstpräsentation zu finden, die das Image des Modefotografen im Kontext von Fremd- und Selbstbild konstituiert. Tillmans, der sich neben seinen künstlerischen Arbeiten auch mit Modefotografie beschäftigt, hinterfragt mit der Verwendung verschiedenartiger Publikations- und Präsentationsformen die Medialität des fotografischen Bildes. Darüber hinaus zieht er sich, als Gegenentwurf zu oftmals provokanten Selbstinszenierungen von Modefotografen seiner Generation, in seinen Selbstdarstellungen aus der öffentlichen Sphäre weitgehend zurück.
Es wird die Trennung von privat und öffentlich, der Stellenwert der kommerziellen Arbeiten sowie die Einbeziehung des Selbstbildnisses in Auftragsarbeiten als eine Form der Selbstreferentialität vor dem Hintergrund massenmedialer Bildkonventionen und dem Subjektverständnis im Diskurs von Identität und Selbstinszenierung analysiert. Die Untersuchung von Selbstbildnissen in Verbindung oder Abgrenzung zu Auftragsarbeiten ermöglicht Rückschlüsse auf das sich wandelnde Selbstverständnis angewandt arbeitender Fotografen und ihr Verhältnis zu den apparativen sowie ästhetischen Aspekten des Mediums und dessen konträren Anwendungsgebieten. Zudem liefert sie einen Beitrag zu der aktuellen Debatte über den erweiterten Kunstbegriff.
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