Bücher, kurz vorgestellt
Erschienen in: Fotogeschichte 119, 2011
- Václav Macek (Hg.): The History of European Photography: 1903–1938, Bratislava: Central European House of Photography, 2010, 30 × 24 cm, 802 S. in zwei Teilbänden, gebunden, 99 Euro (+ 15 Euro Versand). Bestellung: info@sedf.sk
Das Lexikon in englischer Sprache ist ein Meilenstein der europäischen Fotografiegeschichte: Autoren aus allen europäischen Ländern (von Portugal bis zur Ukraine, von Malta bis Island) stellen die Fotografieentwicklung nach Ländern geordnet dar. Die reich illustrierten Länderdarstellungen sind ergänzt durch Kurzbiografien der wichtigsten Fotografinnen und Fotografen, eine Zeitleiste und umfassende Literaturverzeichnisse. Ein Muss für alle Fotointeressierten und ein Grundlagenwerk für Fotobibliotheken in ganz Europa. Band 2 (1939–1970) erscheint im kommenden Jahr.
- Bernd Stiegler, Ann Wilde, Jürgen Wilde (Hg.): Albert Renger-Patzsch: Die Freude am Gegenstand. Gesammelte Aufsätze zur Photographie, Reihe photogramme – München: Wilhelm Fink Verlag, 2010, 24,3 × 15,6 cm, 328 S. zahlreiche Abb. in S/W, Paperback, 32,90 Euro
Eine Wiederentdeckung: Renger-Patzschs Fotoarbeiten sind in den letzten Jahren vielfach gezeigt worden. Seine Texte hingegen sind weit weniger bekannt. Der Band stellt Rengers Aufsätze aus über vier Jahrzehnten vor. Sie widmen sich höchst unterschiedlichen Fragen. »ob Photographie Kunst sein könne, wie man am besten Ersatz- teile photographiert, ob die Photographie einen Typus wiedergeben könne oder welche Verantwortung der Pho- tograph habe. Neben sämtlichen zu Lebzeiten publizier- ten Texten enthält der Band auch eine Reihe von bisher unveröffentlichten Aufsätzen aus dem Nachlass.« (aus dem Klappentext).
- Matthias Schöning, Bernd Stiegler, Ann Wilde, Jürgen Wilde (Hg.): Ernst Jünger – Albert Renger-Patzsch: Briefwechsel 1943–1966 und weitere Dokumente, Rei- he photogramme, München: Wilhelm Fink Verlag, 2010, 24,3 × 15,6 cm, 217 S., Abb. in S/W, Paperback, 24,90 Euro
Zwei Bücher haben Ernst Jünger und Albert Renger-Patzsch gemeinsam realisiert, die Bände Bäume (1962) und Gestein (1966). Finanziert und ermöglicht wurden die beiden Publikationen durch die Unterstützung eines Industriellen: Ernst Boehringer. Er war Mitinhaber der Firma C. H. Boehringer. »Während Albert Renger-Patzsch fortwährend auf der sichtbaren Seite der Dinge Formen und formale Beziehungen ausmacht, stellt Ernst Jünger Entsprechungen von Oberfläche und Tiefe nach.« (Klappentext). Ihr Briefwechsel dokumen- tiert den Austausch dieser unterschiedlichen Sichtweisen.
- Arno Fischer: Fotografie (deutsch-englisch), Ostfil- dern: Hatje Cantz, 2009, 28,7 × 25,1 cm, 228 S., 184 Abb., davon 66 farbig, 117 in Duplex, gebunden mit Schutzumschlag, 39,80 Euro
Das erste im Katalog abgebildete Bild stammt aus dem Jahr 1943: »Brennendes Berlin« ist es betitelt, die letzten Bilder, magische Polaroids, entstanden vor wenigen Garten in Garten des Fotografen. Dazwischen liegen Jahrzehnte fotografischer Arbeit, vorgestellt im Zeitraffer: Stadtbilder aus dem sich teilenden Berlin, Porträts, Theater- und Modeaufnahmen (v. a. für die ostdeutsche Illustrierte Sybille), Alltagszenen und immer wieder Reisefotos. Der Katalog, der eine Retrospektive des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. in Stuttgart begleitete,stellteinengroßendeutschen Fotografen vor, der bis 1989 im Westen wenig bekannt war und in den letzten 20 Jahren wiederentdeckt wurde.
- Ute Eskilsen, Museum Folkwang, Essen (Hg.): Photography Collection Museum Folkwang, Göttingen: Steidl, 2010, mit Beiträgen von Reinhard Braun, Wolfgang Brückle, Clément Cheroux, Florian Ebner, Ute Es- kildsen, Hans-Jürgen Lechtreck, Jürgen Müller, Christopher Phillips und Klaus Pollmeier, 28 × 22,5 cm, 307 S., zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, gebunden mit Schutzumschlag, 34 Euro
1983 erschien der erste Sammlungskatalog der fotografischen Sammlung des Museums Folkwang, eine überarbeitete Fassung erschien 1988. Nun, zum 25-Jahr-Jubiläum der Sammlung, gibt die Leiterin, Ute Eskildsen, einen neuen Katalog heraus, diesmal ausschließlich auf Englisch. (Ehemalige) Mitarbeiter des Hauses und internationale Experten wurden eingeladen, in ihren Texten thematische Wege durch die über 50.000 Fotos umfassende Kollektion zu bahnen. Das Ergebnis ist ein unkonventioneller, anregender Schnelldurchlauf durch die Fotogeschichte.
- Martha Caspers (Hg.): Abisag Tüllmann. 1935–1996. Bildreportagen und Theaterfotografie. Ausstellungs- katalog, Ostfildern: Hatje Cantz, 2010, mit Beiträgen von Martha Caspers, Monika Haas, Barbara Lauter- bach, Kristina Lowis, Ulrike May und Katharina Sykora, 30,5 × 25,2 cm, 304 S., 298 Abb., davon 35 in Farbe und 263 S/W, gebunden, 29,80 Euro
Abisag Tüllmann (1935–1996) lebte von 1956 bis zu ihrem Tod 1996 in Frankfurt. Sie dokumentierte ihre Wahlheimat für die Tages- und Wochenpresse, arbeitete als Theater-, Film- und Bühnenfotografin und machte Reisereportagen. Bekannt wurde die überaus vielseitige Lichtbildnerin mit ihren Fotobuch Großstadt, das 1963 erschien. Nun ist sie in einer groß angelegten Retrospektive wiederzuentde- cken. Der Band begleitet eine Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt (24. November 2010 bis 27. März 2011) und im Museum für Fotografie, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin (17. Juni bis 18. September 2011).
- Anton Holzer, Frauke Kreutler (Hg.): Trude Fleischmann. Der selbstbewusste Blick. Ausstellungskatalog, Ostfildern: Hatje Cantz, 2010, 27,7 × 22,1 cm, 200 S., zahlreiche Abb. in Duoton, gebunden mit Schutzumschlag, 39,80 Euro
Die Wiener Fotografin Trude Fleischmann (1895–1990) ist mit ihren Porträts von Zeit- genossen wie Albert Einstein, Karl Kraus, Oskar Ko-koschka, Adolf Loos oder Alban Berg bekannt geworden. Ihr 1920 eröffnetes Atelier wurde zum Treffpunkt des kulturellen Lebens. Für Furore sorgten in den 1920er Jahren ihre freizügigen Aktaufnahmen. Dennoch: Ein Großteil ihres Werkes, darunter auch ihre fotojournalistischen Arbeiten, ist noch zu entdecken. Nach ihrer Vertreibung durch die Nationalsozialisten gelang es Fleischmann ab 1939 in New York eine zweite Karriere aufzubauen. Die Publikation entstand anlässlich einer Ausstellung im Wien Museum (27. Januar bis 29. Mai 2011).
- Karin Hartewig: Wir sind im Bilde. Eine Geschichte der Deutschen in Fotos vom Kriegsende bis zur Entspannungspolitik, Leipziger Universitätsverlag, 2010, 28 × 21 cm, 311 S., zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, Broschur, 29,50 Euro
Die Autorin betreibt Fotoge- schichtsschreibung im besten Sinne. Sie untersucht die Geschichte der beiden deutschen Staaten im Spiegel des Fotojournalismus. Nebenbei gelingt ihr dabei auch eine spannende Mediengeschichte vom Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre, eine Epoche, die unter diesem Blickwinkel erstaunlicherweise noch kaum ernsthaft untersucht ist. Sie analysiert, wie sich zentrale Ereignisse der Zeitgeschichte in journalistischen Bildern nieder- schlugen, erzählt aber auch die Geschichte der Illustrierten und jene der Fotografen. Ein wichtiges Buch. Schade ist nur, dass die Reproqualität der Abbildungen teilweise etwas dürftig ist.
- Wolfgang Maderthaner: Tolle Jahre. Sport, Gesellschaft, Politik in Österreich. Der Fotograf Mario Wiberal, Wien: Album Verlag, 2011, 27,5 × 23,5 cm, 90 S., zahlreiche Abbildungen in S/W, gebunden mit Schutz- umschlag, 35 Euro
Mario Wiberal (1898–1961) war bis vor einigen Jahren als Wiener Fotoreporter kaum bekannt. Ein Teil seines fotografischen Nachlasses ist im Archiv der sozialdemokratischen Arbeiterzeitung erhal- ten geblieben. Ein zweiter Teil tauchte Anfang der 1980er Jahre im Wiener Altwarenhandel auf. Der Autor setzt aus diesen Puzzleteilen Lebensgeschichte Werk des Fotografen zusammen. Er schildert Wiberal als wagemutigen Reporter und er zeigt, wie dieser die Diktaturen des Aus- trofaschismus und des Nationalsozialismus problem- los überstand: durch Anpassung und durch Rückzug in die Nische der scheinbar unpolitischen Sportberichterstattung.
- Thomas Overdick: Photographing Culture. Anschauung und Anschaulichkeit in der Ethnographie, Zürich: Chronos, 2010, 23 × 15,5 cm, 336 S., zahlreiche Abb. in S/W, gebunden, 32,50 Euro
Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte und -theorie der Fotografie. Der Autor rekonstruiert – historisch und aktuell – das Verhältnis zwischen Volkskunde/ Ethnografie und Fotografie. Er zeigt im ersten Teil seiner Arbeit, wie die Fotografie ab den 1890er Jahren Einzug in das volkskundliche Forschen und Darstellen hielt, wie sich unter dem Nationalsozialismus Rassekunde mit fotografischer Bestandaufnahme verband und welche Ansätze in der deutschen Volkskunde nach 1945 vor- herrschten. Im zweiten Teil diskutiert er medien- und diskursgeschichtliche Aspekte des Themas und fragt nach gegenwärtigen Einsätzen des Mediums in der Ethnografie.
- Hans Rooseboom: What’s wrong with Daguerre? Reconsidering old and new views on the invention of photography, Amsterdam: Nescio, 2010, 21 × 15 cm, 35 S., 7 Euro, zu bestellen unter www.nescioprivatepress.blogspot.com oder h.rooseboom(at)rijksmuseum.nl
2008 bot das Auktionshaus Sotheby’s ein »sensationelles« Bild zum Kauf an: ein frühes Fotogramm, das der amerikanische Fotohistoriker Larry J. Schaaf mit großer Wahrscheinlichkeit Thomas Wedgwood (1771–1805) zuschreibt. Es wäre damit das früheste erhalten Foto überhaupt. Ein Aufschrei vieler Fotoforscher zwang das Auktionshaus zum Rückzug. Hans Rooseboom, ein renommierter Fotokurator am Rijksmuseum in Amsterdam nimmt das aktuelle Ereignis zum Anlass, die komplexen Debatten um die Erfindung der Fotografie, die seit 1839 geführt werden, zu rekonstruieren. Eine kurze, gute lesbare und überaus hilfreiche Einführung in die Rezepti- onsgeschichte der frühen Fotografie.
- Rainer Rother, Judith Prokasky (Hg.): Die Kamera als Waffe. Propagandabilder des Zweiten Weltkrieges, München: edition text + kritik, 2010, 23 × 15 cm, 326 S., zahlreiche Abb. in S/W, Broschur, 27 Euro
Der Band dokumentiert eine Tagung, die 2009 in der Deutschen Kinemathek in Berlin stattfand. Im Zentrum der Analysen steht die filmische Propaganda der sog. Propagandakompanien (PK), einige wenige Beiträge beschäftigen sich auch mit der Fotopropaganda. Der Band, der leider spärlich und in der Reproqualität eher dürftig bebildert ist, ist gleichwohl ein wichtiges Kompendium. Er gibt erstmals umfassend Aufschluss über den filmischen Teil des nationalsozialistischen Medienkrieges.
- Beatrix Ruf, Thomas Seelig (Hg.): Mark Morrisroe, Zürich: JRP Ringier Kunstverlag, 2010, 26,2 × 20,3 cm, 600 S., über 500 Abb. in Farbe, Broschur, 45 Euro
Mark Morrisroe (1959–1989) lebte kurz und intensiv. Etwa zehn Jahre lang, im Boston der 1970er und in New York der 1980er Jahre, beschäftigte er sich mit Fotografie. Er dokumentierte auf eigenwillige Weise die Punk- und Künstlerszene, überblendete Bilder, verfremdete, kolorierte, bemalte und beschriftet sie. 2004, 15 Jahre nach seinem frühen Tod 1989 – er starb an Aids –, wurde die Sammlung vom Schweizer Medienhaus Ringier erworben, 2006 ging sie an das Fotomuseum Winterthur, das nun erstmals eine umfassende Ausstellung und einen Katalog zum Künstler zusammengestellt hat.
- Edward Steichen: Celebrity Design. Ausstellungskatalog, Göttingen: Steidl/Edition Folkwang, 2010, 27 × 20,5 cm, 117 S., zahlreiche Abb. in S/W, gebunden, 38 Euro
Edward Steichen wurde in den vergangenen Jahren in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen vor- gestellt. Wiederentdeckt wurden vor allem seine Arbeiten für Zeitschriften und Magazine. Das Museum Folk- wang in Essen besitzt seit 1979 eine Sammlung von 65 Negativen (v.a. Porträts und Modeaufnahmen aus der Zwischenkriegszeit), die auf Betreiben der Witwe Steichens, Joanna Steichen, ans Museum kamen. Sie starb 2010, ihr ist die Ausstellung und der begleitende Katalog gewidmet. Auch wenn die schmale Publikation keine neue Forschung betreibt, zeigt sie doch beispielhaft den komplexen Arbeitsprozess hinter den zur Veröffentli- chung bestimmten Bildern.
- Antonin Dufek: Vladimír Jindrich Bufka, Prag, Fototorst, 2010, 18 × 16 cm, 147 S., zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, kartoniert, 16,95 Dollar, Bestellung: dap@dapinc.com, www.artbook.com, www.artbook.com/torst.html
Vladimír Jindrich Bufka (1887–1916) war um die Jahrhundertwende einer der bekanntesten tschechischen Kunstfotografen. Er begann als Amateur und absolvierte eine Ausbildung bei den Brüdern Lumière in Lyon, praktizierte bei Langhans in Prag und bei Kosel in Wien. 1911 eröffnete er ein eignes Atelier in Prag. Neben Porträts machte er auch Landschafts- und Stadtaufnahmen, u. a. zahlreiche Autochrome. Der Band, der zu ei- ner Ausstellung in der Mährischen Galerie in Brünn er- schien, stellt den lange Zeit vergessenen Fotografen erst- mals in einer Monografie vor.
- Enrico Sturani: Cartoline. L’arte alla Prova della Cartolina, Taranto: Edizioni Barbieri, 2010, 22 × 24 cm, 420 S., 763 Abb. in Farbe und S/W, kartoniert, 37 Euro (plus Porto)
Eine Kulturgeschichte der Kunst im Spiegel der Postkarte. Der italienische Fotoforscher Enrico Sturani, schlägt einen ungewöhnlichen, aber höchst spannenden Parcours durch das 20. Jahrhundert vor. Er untersucht das Verhältnis zwischen der »hohen« und der »niedrigen« Kunst, zwischen Malerei, Grafik und Foto- grafie auf der einen Seite und dem Massenmedium illustrierte Postkarte auf der anderen Seite. Allein die knapp 800 Bilder umfassende Auswahl an Motiven ist beein- druckend. Bestellung: info@barbierieditore.it, www.barbierieditore.it
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