Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

Anton Holzer

Adolphe Braun et Cie: Fotografie als Geschäft

Adolphe Braun. Ein europäisches Photographie-Unternehmen und die Bildkünste im 19. Jahrhundert, hg. von Ulrich Pohlmann und Paul Mellenthin, in Zusammenarbeit mit Franziska Kunze, München: Schirmer/Mosel, 2017, Texte von Ulrich Pohlmann, Paul Mellenthin, Christian Kempf, Jan von Brevern, Dorothea Peters, Marie Robert, Aziza Gril-Mariotte und Bernd Stiegler, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Münchner Stadtmuseum (6.10.2017 bis 21.1.2018) und im Musée Unterlinden, Colmar (17.2.2018 bis 14.5.2018), 360 S., 28 x 24,5 cm, 359 Abb. in Farbe, gebunden, 58 Euro

Erschienen in: Fotogeschichte, Heft 147, 2018

 

Es kommt nicht allzu oft vor, dass eine Ausstellung bzw. ein Katalog das Attribut „bahnbrechend“ verdienen. Im vorliegenden Fall ist diese Bezeichnung durchaus gerechtfertigt. Ulrich Pohlmann, dem Leiter der Fotosammlung im Münchner Stadtmuseum gelingt – in enger Zusammenarbeit mit Paul Mellenthin und Franziska Kunze – mit dem vorliegenden Werk zur Fotografendynastie Braun ein großer Wurf. Die hervorragend gestaltete und gedruckte Publikation ist nicht nur eine wegweisende monografische Studie zu Adolphe Braun und der Geschichte seines Fotounternehmens, das europaweit zweifellos zu den erfolgreichsten und wichtigsten des gesamten 19. Jahrhunderts zählte. Der Horizont dieses Bandes reicht weit über die Rekonstruktion dieses Familienunternehmens hinaus. Der Katalog vermittelt am Beispiel der Firma Braun hochinteressante Einblicke in zahlreiche wichtige Aspekte der kommerziellen Fotoentwicklung im 19. Jahrhundert. Er beleuchtet bespielhaft die Aufstiegsgeschichte eines findigen Fotounternehmers hin zu einem europaweit agierenden Fotokonzern. Er gibt Einblicke in die wechselnden kommerziellen Strategien, mit deren Hilfe das Unternehmen Fotografien und andere verwandte Bildprodukte herstellte und vermarktete. Er illustriert, in welche enger Wechselwirkung die Fotografie mit den grafischen Bildkünsten (vom Holzstich bis hin zur Malerei) stand. Und er zeigt schließlich auch sehr anschaulich, wie einer in der französischen Provinz ansässiger Fotoindustrieller sich souverän zwischen den politischen Fronten Frankreichs und Deutschlands bewegte, wie er nationale Parteinahme und Geschäft unter einen Hut zu bringen verstand. Man kann und sollte also diesen Katalog in die Reihe anderer bahnbrechender Publikationen zur Fotografie des 19. Jahrhunderts stellen, allen voran den von Bodo von Dewitz und Reinhard Matz herausgegebenen Silber und Salz. Zur Frühzeit der Photographie im deutschen Sprachraum, der 1989 erschien.

Die vorliegende Publikation mit ihren durchweg fundierten Aufsätzen zeigt, wie spannend und aufschlussreich es ist, die ausgetretenen Pfade der herkömmlichen Fotografiegeschichte ein Stück weit zu verlassen und die Fotografie – hier die des 19. Jahrhunderts – unter ganz neuen Blickwinkeln zu betrachten: der Ökonomie, des Marktes und der kommerziellen Konkurrenz, der geschäftlichen und geografischen Zirkulation von Bildern, der (proto-)industriellen Fertigung von Bildprodukten oder der fotografischen Reproduktion von Kunstwerken mit den damit verbundenen künstlerischen und kommerziellen Netzwerke. Wenn man all diese Aspekte ernsthaft untersucht, wird ein zentrales Thema der herkömmlichen Fotogeschichte des 19. Jahrhunderts, die Rolle des Porträtateliers und des darin scheinbar so souverän (und mit künstlerischem Anspruch) agierenden Fotografen, relativiert. Und das ist gut so. Wir verstehen nämlich mehr von der Fotografie des 19. Jahrhunderts, wenn wir den Fotografen nicht so sehr als autonomen Künstler (in der Nachfolge des Malers, des Grafikers und des Zeichners) sehen, sondern als Geschäftsmann im Kontext des Marktes. Erfolgreiche Fotografen, die über den lokalen und regionalen Raum hinaus agierten, waren zuallererst talentierte Geschäftsleute. Kaum begann ihr Unternehmen zu florieren, zogen sie sich von der Arbeit an der Kamera zurück und überließen diese ausführenden Tätigkeiten ihren Angestellten. Im Falle der fotografischen Manufaktur Braun ist diese Tendenz noch spürbarer. Adolphe Braun begann seine Arbeit nicht als Porträtfotograf, startete seine Karriere also auch nicht ausgehend vom klassischen Fotoatelier. Er verstand sich von Anfang an als Unternehmer. Allein die Zahlen seiner Beschäftigten illustrieren eindrucksvoll die Dimensionen seines Unternehmens. Braun beschäftigte Mitte der 1850er Jahre bereits an die 40 Mitarbeiter, ein Jahrzehnt später stieg die Anzahl noch einmal deutlich an.

Um den enormen Erfolg des Unternehmens Braun zu verstehen, reicht es also nicht aus, die Lebensgeschichte des Firmengründers Adolphe Braun (1812–1877) und seiner Nachfolger zu rekonstruieren und die Ästhetik der Bilder zu analysieren. Vielmehr ist es notwendig, die Frage nach dem Warum des kommerziellen Erfolgs zu stellen. Eine überaus interessante (Teil-)Antwort finden wir gleich zu Beginn des vorliegenden Katalogs im Beitrag von Ulrich Pohlmann, der einleitend einen fundierten Überblick über die Geschichte des Unternehmens liefert. Adolphe Braun begann seine Karriere, wie gesagt, nicht als Fotograf, auch nicht als Maler, sondern als, so würde man später sagen, als „Gebrauchsgrafiker“, nämlich als Musterzeichner. Nach etlichen beruflichen Fehlstarts (1834 und 1838 eröffnete er in Paris ein Zeichenatelier, musste aber mangels Erfolg beide Male wieder aufgeben). Der dritte Versuch im Jahr 1840 klappte dann. Er spezialisierte sich als Zeichner auf die Produktion von Mustervorlagen für die dekorativen Künste, insbesondere die Textilindustrie. Nach einem neuerlichen Tiefschlag – 1843 starb seine Frau – verließ er die Hauptstadt Paris, zog in der elsässische Provinz nieder und begann in Mülhausen als leitender angestellter Zeichner beim Industriellen Daniel Dollfus-Ausset zu arbeiten. Derart abgesichert, wagte er einige Jahre später erneut den Sprung in die Selbständigkeit. 1847 eröffnete er im nahe gelegenen Dornach (heute ein Stadtteil von Mülhausen) ein kommerzielles Zeichenatelier, diesmal mit Erfolg.

Seine praktischen Erfahrungen aus der Textilindustrie, die mehr als andere Geschäftszweige international vernetzt war und europa- bzw. weltweit Geschäfte machte, griff er auf und knüpfte als Musterzeichner bald kommerzielle Kontakte nach Manchester und Glasgow, den englischen Zentren der Textilindustrie. Und genau diese internationale Kooperation, die er aus dem Bereich der Industrie übernommen hatte, war es dann auch, die Braun wenige Jahre später das Modell für seinen kommerziellen Erfolg als international tätiger Fotograf lieferte. Es wäre spannend gewesen, diesen überaus interessanten Aspekt noch weiter zu vertiefen.

Als Fotounternehmer dachte Braun jedenfalls von Anfang an in geschäftlichen Netzwerken, er räumte der Frage des Zwischenhandels und der internationalen Vermarktung seiner Produkte großen Platz ein. Eigentlich änderte er Mitte der 1850er Jahre nicht das Geschäftsmodell, sondern nur das Produktangebot. Er sattelte von der Zeichnung auf die Fotografie um. Den Anstoß dazu, mutmaßt Pohlmann, dürfte die Fotoleidenschaft seines Freundes und anfänglichen Förderers Dollfus-Ausset gegeben haben, aber auch die Einsicht, dass das rasch reproduzierbare Verfahren der Negativ-Positiv-Fotografie (das nach dem langsamen Niedergang der Daguerreotypie und der Einführung des nassen Kollodiumverfahrens im Jahr 1851 auch in Frankreich weite Verbreitung fand) ein rasches und billiges Instrument sei, um naturgetreue Vorlagenstudien für den Textildruck (aber auch für andere Bereiche der künstlerischen Arbeit) zu produzieren.

Und tatsächlich, mit seinen ersten Fotos setzte Braun sein ursprünglich zeichnerisches Projekt mit fotografischen Mitteln fort. Er fotografierte zunächst Blumen und Blumenarrangements, die erst erstmals 1854 in Paris vorstellte. Die weiteren Präsentationen folgten, auch das fällt auf, in den Zentren, die er von der Textilindustrie her kanne: 1856 in Manchester und 1862 in London. Braun überließ die Vermarktung seiner neuen Produkte, der Fotografien, nicht dem Zufall, sondern knüpfte rasch ein dichter werdendes internationales Netz an Förderern, Interessenten und Klienten. Durch geschicktes Antichambrieren und Lobbying bei europäischen Herrscherhäusern, wissenschaftlichen Berühmtheiten (wie Alexander von Humboldt) und anderen Fürsprechern, denen er Musteralben schickte und die ihm im Gegenzug Förderung zusagten und symbolisches Kapital lieferten, gelang es ihm bereits ganz zu Beginn seiner fotografischen Karriere, die provinzielle Enge zu verlassen und seine Bilder überregional anzubieten. Der kommerzielle Erfolg stellte sich rasch ein und damit setzte auch eine sukzessive Erweiterung des Themenspektrums bzw. der Angebotspalette ein. Braun produzierte nach und nach all das, was sich gut verkaufen ließ. Anfang der 1860er Jahre startete er – nach einer Elsass-Landschaftsserie – eine großangelegte Fotoserie mit Schweizer Ansichten, die von Stadtbildern bis zur Hochgebirgssujets reichten. Da diese Fotografien kommerziell höchst erfolgreich waren, wurde die Themenpalette sie bis weit in die 1870er Jahre hinein laufend erweitert. Er verkaufte die Bilder, die er in einer Vielzahl an Formaten (bis hin zu Großformaten 40 x 50 cm und Panoramaansichten) anbot, über ein rasch expandierendes Netzwerk an Buch- und Kunsthandlungen in ganz Europa. Ende der 1860er Jahre wurden die Schweizer Landschaftsansichten durch eine weitere Schweiz-Serie ergänzt, die diesmal Schweizerinnen in ihren „typischen“ Trachten zeigte. Und auch diese Produktlinie „Costume de Suisse“ verkaufte sich gut. Dass sämtliche Aufnahmen nicht vor Ort in der Schweiz, sondern in den Ateliers in Dornach gemacht wurden und ein Team von Zuarbeitern die Kleider schneiderte, die (nicht aus der Schweiz stammenden) Modelle einkleidete, frisierte und vor inszenierten Hintergründen ablichtete, dass es sich also um „hochgradig artifizielle Bildprodukte“ (Pohlmann) handelte, brauchte die Klientel nicht zu wissen. In Klammern: eine ebenso synthetisch produzierte Serie von typischen, in Tracht gekleideten „Elsässerinnen“ und „Lothringerinnen“ produzierte Braun kurz nach dem deutsch-französischen Krieg 1871. Diesmal trat aber zur touristischen Projektion die der nationalen dazu, ein Aspekt, der im Beitrag von Paul Mellenthin schön und anhand zahlreicher Beispiele herausgearbeitet wird.

Mitte der 1860er Jahre – zu diesem Zeitpunkt dominierte Braun neben William England bereits den europäischen Bildermarkt im Bereich der Landschaftsansichten –  erweitere er seine Angebotspalette noch einmal radikal: Er begann ab 1866 Kunstreproduktionen im großen Stil herzustellen und zu vermarkten. In ihrem fundierten Aufsatz zum Thema zeigen Paul Mellenthin und Dorothea Peters, wie Braun mit großem Verhandlungsgeschick und raffiniertem geschäftlichem Kalkül die Türen zu vielen großen europäischen Kunstsammlungen öffnete und anschließend seine Mitarbeiter schickte, um die Kunstwerke fotografisch zu reproduzieren. Enorme finanzielle und technische Investitionen in seinen Dornacher Betrieb sorgten dafür, dass seine Kunstbilder, die er Kunstbibliotheken und Zeichenschulen weltweit anbot, höchste Qualität aufwiesen. Geliefert wurden nicht nur Abzüge in unterschiedlichsten Formaten, sondern bald auch technisch raffiniert und aufwendig hergestellte Drucke, vor allem Pigmentdrucke (Kohledrucke), die in zahlreichen Farbschattierungen angeboten wurden. Die ständige Expansion und die permanente technische Aufrüstung war in den Augen des Firmengründers notwendig, um am internationalen Parkett reüssieren zu können und die erbitterte Konkurrenz (etwa von Alinari, Goupil, Hanfstaengl, Bruckmann u.a.), die ebenfalls im Bereich der Kunstreproduktion war, auf Abstand halten zu können.

In den 1860er Jahre stand das Unternehmen auf dem ersten Höhepunkt seines geschäftliches Erfolgs. Der Dornacher Betrieb glich schon damals einem Industrieunternehmen, Ähnlichkeiten mit einem Fotoatelier im klassischen Sinne hatten die Gebäude nicht. Fotografische Innen- und Außenansichten, die um die Wende zum 20. Jahrhundert entstanden, zeigen ein Gebäude mit industriellen Dimensionen. Die Ausstattung dieser Fertigungsanlagen mit ihren geräumigen, lichtdurchfluteten Großraumateliers gleichen hochspezialisierten, technisch aufgerüsteten Arbeitsstraßen. Den Takt der Produktion bestimmten Dampfmaschinen und chemische Labors. Kaum hatten die Bilder, die in enormen Stückzahlen hergestellt wurden, die Fabrikräume verlassen, begann der Versand in alle Welt. Über Kataloge und ein dichtes Netz an Zwischenhändlern wurden die Ansichten europaweit vermarktet, später expandierte man dann auch in die USA. Auch die fotografischen Aufträge führten die Lichtbildner des Unternehmens Braun durch ganz Europa.

Neben dem groß angelegten Projekt der Kunstreproduktion fotografierte Braun und Co. immer noch Landschaftsansichten. Die Eröffnung des Suezkanals im Jahr 1869 führte zahlreiche Fotografen und Künstler nach Ägypten, so auch den 24-jährigen Sohn des Firmengründers Gaston Braun. Erstaunlicherweise fotografierte dieser, so weist Marie Robert detail- und aufschlussreich nach, zwar zahlreiche antike Monumente, Stadtansichten und einige Genreszenen, Den eigentlichen Anlass, die Eröffnungsfeierlichkeiten ließ er verstreichen, ohne ein einzige mal auf den Auslöser gedrückt zu haben. Vielleicht ahnte der Geschäftsmann, dass diese „aktuellen“ Bilder rasch veralten würden und geschäftlich daher ein Risiko darstellten. Gut zehn Jahre später, 1881/82, lieferte sich das Unternehmen Braun einen erbitterten Konkurrenzkampf um die fotografische Dokumentation der neuerbauten Gotthardbahn. Gefragt waren Ansichten von Bau und Streckenführung, die publikumswirksam mit dem Medium der Fotografie beworben werden sollte. Bernd Stiegler vermittelt anhand von Akten aus dem Schweizerischen Bahnarchiv interessante Einblick hinter die Kulissen dieses Großauftrags.

1876, ein Jahr vor dem Tod von Adolphe Braun, waren die Weichen in die Zukunft des Familienunternehmens bereits gestellt. Die Firma wurde, um erneut Kapital aufnehmen zu können, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Geschäftsfelder wurden zügig ausgebaut. Die Verkaufskataloge geben Aufschluss über den enormen Output der Firma Braun: 33.000 Negative aus dem Bereichen Kunstreproduktion und 22.000 Landschaftsansichten waren im Katalog des Jahres 1878 gelistet. 1898 hatte Braun bereits über 100.000 Motive im Programm. Das Unternehmen lebt nicht nur von den neuen Bildern, sondern vom Berg der „backlist“. Vermarktet wurde weiterhin von Dornach aus, aber das Netz der Außenstellen und Filialen wurde weiter ausgebaut: Paris nahm eine Schlüsselrolle ein und später wurde auch eine Niederlassung in New York gegründet, um den nordamerikanischen Markt zu beackern. Der gute Ruf des Unternehmens verdankte sich weiterhin den breiten Angebot an Landschaftsansichten und der Kunstreproduktion, auch wenn in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts, also erstaunlich spät, ein neuer Geschäftszweig dazukam: die Porträtfotografie, die im vorliegenden Katalog allerdings nicht vorgestellt wird.

Bis in die späten 1960er Jahre blieb Braun ein Familienbetrieb, der zwar im 20. Jahrhundert die glorreichen Jahre hinter sich hatte. Solange mit dem Fotounternehmen Geld verdient wurde, dachte kaum jemand daran, die umfangreichen Archive zu erforschen und in großangelegten Retrospektiven vorzustellen. Das änderte sich in den 1970er Jahren. Das Unternehmen Braun war 1968 an eine industriellen Druckkette verkauft worden, die umfangreiche Fotosammlung fand in den folgenden Jahren seinen Weg in unterschiedliche Archive. 1978 begann mit einer ersten größeren Ausstellung die Historisierung der Unternehmensgeschichte und die Einordnung in de Fotogeschichte. Große Verdienste um die Erforschung der Geschichte des Unternehmens Braun hat sich der französische Fotograf und Fotohistoriker Christian Kempf erworben, der seit Ende der 1970er Jahre unermüdlich zum Thema recherchiert. Im vorliegenden Katalog fasst Kempf die bisherige Geschichte dieser Bemühungen zusammen. 1994 fand die erste große Braun-Retrospektive in Colmar statt, wo in zwei Sammlungen große Teile des Firmenarchivs und Teile des Fotoarchivs aufbewahrt werden. Kempf, der Kurator der damaligen Schau, steuerte eine fundierte Monografie bei (Christina Kempf: Adolphe Braun et la photographie. 1812–1877, Illkirch-Graffenstaden 1994). Ein weiterer Meilenstein zur Erforschung des Kontinents Braun erfolgte im Jahr 2000 im angelsächsischen Raum. Damals kuratierte Maureen O’Brian und Mary Bergstein im Museum der Rhode Island School of Design in Providence eine Ausstellung zu Braun, die später auch in Cleveland gezeigt wurde. Der 160-seitige Katalog Image and Enterprise. The Photographs of Adolphe Braun, London 2000, rückte neben der fotografischen Geschichte erstmals auch stärker den industriellen Aspekt der Unternehmensgeschichte Braun sowie die Vorgeschichte, nämlich die Entwicklung von Stoff- und Papiermustern, ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Nach dieser breit angelegten Tour der Wiederentdeckung in Frankreich und den USA war es hoch an der Zeit, die faszinierende Foto- und Unternehmensgeschichte Braun auch im deutschen Sprachraum bekannt zu machen. Ulrich Pohlmann ist es zu verdanken, dass dieses Unternehmen bravourös gemeistert wurde und zwar dort, wo überaus schöne fotografische Stücke von Braun aufbewahrt werden: in der Fotosammlung des Münchner Stadtmuseums. Gezeigt werden im Katalog auch Bildbeispiele von Braun, die bisher vollkommen unbekannt waren (Pohlmann hat sie im Zuge seiner Recherchen entdeckt): nämlich Interieur-Aufnahmen und Kunstreproduktionen, die im Auftrag von König Ludwig II. von Bayern entstanden. Sie unterstreichen Brauns enge geschäftliche Verflechtung mit Deutschland und zeigen, dass das umfangreiche und weit verzweigte Werk Brauns noch lange nicht endgültig erforscht ist. Allein die beeindruckende Liste der Sammlungen, die Werke der Braun’schen Familiendynastie aufbewahren und die ganz Europa und Nordamerika umspannt, zeigt, wie weit groß das kommerzielle Netzwerk des elsässischen Unternehmen einst war. Realisierbar war das vorliegende Ausstellungs- und Katalogprojekt nur dank intensiver internationaler Kooperationen mit Forschern, Leihgebern und Sammlungen. Die Idee für ein solches breit angelegtes Ausstellungsvorhaben reichen, so erfahren wir, weit zurück. Bereits Mitte der 1990er Jahre, als Leihgaben aus der Fotografischen Sammlung des Münchner Stadtarchivs in Colmar gezeigt wurden, zeigte sich Pohlmann an einer großen Präsentation in München interessiert. Das lange Warten hat sich gelohnt.

 

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