Sandra Oster
Fotografie und Text als politisches Instrumentarium in der Illustrierten und im Buch der Weimarer Republik
Veröffentlichungsform: Magisterarbeit – Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Buchwissenschaft, Prof. Dr. Ute Schneider – Einreichung/Abschluss: August 2007/November 2007 – Art der Finanzierung: Privat – Kontaktadresse: san_oster(at)web.de
Erschienen in: Fotogeschichte 108, 2008
Die Kombination von Fotografie und Text zu einer Einheit, die den Betrachter von einer vermeintlichen Wahrheit überzeugen soll, entwickelte sich durch den Fotojournalismus der Illustrierten in der Weimarer Republik zu einem populären Instrumentarium. Mit der zunehmenden politischen Radikalisierung und dem Bedarf an weltbildgebenden Verfahren wurde dieses Instrumentarium in den politischen Illustrierten und im Medium Buch angewendet und weiterentwickelt.
Das Buch bietet durch seine medialen Eigenschaften (Erscheinungsweise, Format, Umfang) andere Voraussetzungen für die Kombination von Fotografie und Text und wurde von Vertretern aller politischen Lager zur umfassenden Darstellung ihrer Weltanschauung genutzt. Die interdisziplinäre Foto-Text-Forschung hat diese Ausweitung ihres Gegenstands von der Illustrierten auf das Buch bislang weitgehend außer Acht gelassen. Es liegen vereinzelt literaturwissenschaftliche, historische oder kunstgeschichtliche Studien zu einzelnen Werken vor. Ein Verzeichnis der vorhandenen Quellen fehlt bislang.
Gegenstand der Arbeit sind acht Foto-Text-Bücher aus verschiedenen politischen Segmenten und zwei thematischen Bereichen: dem Ersten Weltkrieg und der Republik. Der Erste Weltkrieg als der erste Krieg, der durch Fotografien in das kollektive Bewusstsein einging und verarbeitet wurde, brachte eine Fülle von Bildgeschichtsschreibungen, wie Der Weltkrieg im Bild hervor, die eine Vorstufe des Foto-Text-Buches darstellen. Ernst Friedrich als Vertreter eines radikalen Pazifismus und Vertreter des Soldatischen Nationalismus wie Ernst Jünger und Franz Schauwecker nutzten die neue Buchart für ihre Zwecke. Dabei entwickelten sie eigene (Erzähl-)Strategien, indem sie Foto-Text-Kombinationen zu Argumentationsketten anordneten, Sequenzen bildeten und ihren Gegenstand in Kapitel untergliederten. Diese Techniken gehen auch zurück auf Methoden der Foto-Text-Kombination aus der Illustrierten, wie die Gegenüberstellung oder Aneinanderreihung von Fotografien. Ab 1928 bedienten sich beispielsweise Kurt Tucholsky oder Edmund Schultz der neuen Buchart zur medialen Reflexion über die Republik und zur Einflussnahme auf den Leser.
Neben der Anordnung und Textierung der Fotografien ist auch die Auswahl des Bildmaterials entscheidend für die Wirkung des Foto-Text-Buches. Das für die Bücher verwendete Material wurde – mehr als im Fotojournalismus - seinem eigentlichen Entstehungszusammenhang entrissen und durch die Textierung und Anordnung in einem Kontext mit neuen Aussagen aufgeladen. Viele Herausgeber benutzten dabei zensierte Fotografien.
Die Überzeugung von der Objektivität und Unbestechlichkeit der Fotografie, die den Siegeszug des Mediums befördert hatte, wurde in zeitgenössischen Diskurs von Theoretikern wie Walter Benjamin, Bertolt Brecht und Siegfried Kracauer thematisiert. Die Zweifel an der Aussagekraft der Fotografie lassen sich an ihrer Kombination mit Bildunterschriften zu kritischen Verbindungen und ihrer Anordnung in Foto-Text-Büchern nachvollziehen.
Das Foto-Text-Buch weist einen beachtlichen Fundus an Einsatzmöglichkeiten der Fotografie auf und entwickelte sich in den letzten Jahren der Weimarer Republik zu einem Medium, das sich den Bedürfnissen der Zeit nach Orientierung und Wahrheit genau anpasste und sie reflektiert. Das Buch als Medium wird dabei nicht nur wegen seiner äußeren Eigenschaften geschätzt, sondern auch als ein historisierendes Medium, dessen Inhalte eine Überlieferbarkeit und damit Richtigkeit für sich beanspruchen.
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