Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

Katrin Engmann

Beobachtungen in Amerika (1969) – Fotografien von Kurt Heinrich Hansen

Magisterarbeit – Universität Hamburg, Kunstgeschichtliches Institut, Dr. Gabriele Betancourt Nuñez – Beginn: April 2008 – Art der Finanzierung: privat – Kontaktadresse: katrin_engmann(at)gmx.de

Erschienen in: Fotogeschichte 109, 2008

 

In diesem Forschungsprojekt werden erstmals Teile des fotografischen Nachlasses des Hamburger Literaturübersetzers, Filmemachers und Amateur-Fotografen Kurt Heinrich Hansen (1913-1987) bearbeitet. Der Schwerpunkt wird hierbei auf seine Amerika-Fotografien gelegt, welche während einer Amerika-Reise Hansens im Frühjahr 1969 aufgenommen und zu großen Teilen im Besitz der Familie Hansen erhalten sind.

In Zusammenarbeit mit dem WDR plante Hansen seinerzeit einen literarischen Fotofilm, d.h. Stillfotos in einem rhythmisch bewegten Bildlauf; dieser wurde unter dem Titel "Adler zwischen 50 Sternen – Beobachtungen in Amerika" im August 1970 in zwei Teilen ausgestrahlt. Zu diesem Zweck reiste er sechs Wochen fernab touristischer Sehenswürdigkeiten mit dem Greyhound-Bus, hauptsächlich aber zu Fuß, durch zehn amerikanische Staaten entlang der Ostküste und Teile des mittleren Westens. Auf seiner Reise fotografierte er unbekannte Menschen auf der Straße in Alltagssituationen oder bei besonderen Anlässen; er fotografierte Armut und Reichtum, heruntergekommene Dörfer und Villen-Gegenden, alt und jung. Bei seinen Streifzügen blieb er am liebsten unbemerkt und bevorzugte gegenüber gestellten Szenen die Authentizität des Alltags, welche für ihn ein fantastisches, uninszeniertes Theater darstellte.

Während der Film aufgrund seiner ungewöhnlichen Komposition von Fotografie in Kombination mit literarischen Texten zeitgenössischer amerikanischer Literatur in der Presse und fotografischen Fachkreisen durchaus positive Beachtung fand, wurde die Basis dieses Films, Hansens fotografisches Werk, wenig beachtet. Da keine nennenswerten Sekundärquellen zu Hansens Werk existieren, soll ausgehend von der Analyse und Interpretation exemplarisch ausgewählter Fotografien eine erstmalige Einordnung seiner Arbeiten vor dem Hintergrund zeitgenössischer Strömungen vorgenommen werden.

In seinen Bildern gelingt es ihm, in der Verbindung von dokumentarischem Anliegen und individueller Sicht gesellschaftspolitische Stimmungen aufzugreifen. Es gilt zu untersuchen, inwiefern Hansen auf diese Weise ein ganz persönliches Porträt der amerikanischen Gesellschaft am Ende der 60er Jahre gelingt. Bei der Wahl seiner Motive scheint er sich verstärkt zu den großen zeitgenössischen Themen, wie z.B. dem wachsenden Selbstbewusstsein der Afroamerikaner oder auch dem Scheitern des amerikanischen Traums zahlloser Einwanderer, hingezogen zu fühlen. Manchmal wiederum wird die ursprüngliche, nicht wertende Neugier auf einen unbemerkten Blick hinter die Kulissen in seinen Fotografien förmlich greifbar. Hansen beobachtet in seinen Bildern, ohne jedoch zu kommentieren oder gar zu urteilen.

Hansens Vorgehensweise findet offensichtlich in der Tradition der Street Photography sowie in der populären Amerika-Fotografie der 50er Jahre ihren Ursprung. Möglicherweise war die 1958 in Hamburg gastierende Wanderausstellung Edward Steichens, The Family of Man (1955), ein weiterer prägender Einfluss auf Hansen. In Dokumenten aus seinem Nachlass nennt er selbst große Namen des Fotojournalismus, besonders aber für die Zeitschrift LIFE fotografierende Reporter, als Vorbilder für seinen fotografischen Stil. Es gilt demnach zu untersuchen, inwiefern Hansens fotografisches Werk sich in diesem sehr amerikanischen Genre der Fotografie verorten lässt und zu welchen zeitgenössischen Fotografen – unabhängig ob Profi- oder Amateurfotograf – sich im Verlauf der Untersuchungen Parallelen belegen lassen.

 

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