Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

Anna Lammers

Der medizinische Blick. Medizinische Bilder in zeitgenössischer Kunst

Institution: Ruhr-Universität Bochum, Institut für Kunstgeschichte, Prof. Dr. Richard Hoppe-Sailer, Beginn: April 2005, Art der Finanzierung: Privat, Veröffentlichungsform: Dissertation, Kontakt: annalammers(at)gmx.de

Erschienen in Fotogeschichte 102, 2006

Seit den 1990er Jahren ist in der zeitgenössischen Kunst der menschliche Körper verstärkt fokussiert worden und zwar auch unter Einbezug naturwissenschaftlicher Methoden, Instrumente und Bilder. Dies zeigt das nach wie vor starke Bemühen, das Verständnis vom Menschen in Bildern zu erfassen. Die voranschreitende Verwissenschaftlichung des Menschenbildes wird insbesondere in der Medizin als der am direktesten auf den menschlichen Körper bezogenen Wissenschaft sichtbar. Seit mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen 1895 erstmals der Blick in den lebenden Körper möglich wurde, sind die bildgebenden Verfahren geradezu explodiert: Ultraschall, Endoskopie, EKGs, Gensequenzbilder und Magnetresonanztomographien sind die populärsten Beispiele. Immer feinere Abbildungstechniken erlauben immer tiefere, faszinierende Einblicke in elementare Prozesse und machen den Körper zu einem neu zugänglichen Erlebnisraum. Die Bilder sind unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Forschung und des klinischen Alltags und sollen objektiv organische Fakten abbilden. Das Verständnis vom Bild als ein allein Erkenntnis generierendes, ein rein abbildendes oder illustrierendes Medium greift hier jedoch zu kurz. Das Bild wird zum Schauplatz des Körpers, es ist eine Schnittstelle zwischen Arzt und Patient, ein Ort des medizinischen Geschehens wie der individuellen reflektierenden Wahrnehmung und eines ästhetischen Diskurses. Es kann zum Beispiel als ein "fenestra mundi", als Fenster zur inneren Körperwelt oder als Spiegel verstanden werden, aus dem das Innere zurückschaut.
In der zeitgenössischen Kunst werden solche Bilder eingesetzt. Anhand ausgewählter Kunstwerke konzentriert sich die Arbeit auf die Transformation medizinischer Bilder in Medien künstlerischer Recherche und Reflexion. Die Wirkungen eines keinen Winkel des Lebens mehr auslassenden Sehen-Wollens, das Verhältnis des reellen Körpers zu seiner Erscheinung im hoch artifiziellen virtuellen Bild, die Positionierung des Menschen im Naturverständnis angesichts des Anspruchs und Bewusstseins um seine uneingeschränkte Visibilität, den sinnlichen Kick der medizinischen Bilder versus ihres Erkenntniswertes und der Körper als mythischer Klangraum sind Aspekte, die aus den Kunstwerken sprechen und zu untersuchen sind.

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